Gerhard Kuhl
*24.4.1940 +12.8.2012
Gerhard Kuhl führte unseren Familienbetrieb von 1974 bis 2001.
Er studierte zunächst Medizin an der Freien Universität. Durch den Mauerbau 1961 war er plötzlich von der Uni abgeschnitten, eine Fortsetzung des Studiums in der damaligen DDR wurde ihm wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ nicht ermöglicht. Somit entschloss er sich, in dritter Generation in das elterliche Augenoptikgeschäft einzusteigen. Nach seiner Ausbildung bei der Firma Ochendalski in Hennigsdorf besuchte Gerhard Kuhl die Fachschule für Augenoptik in Jena, die er 1967 als „staatlich geprüfter Augenoptiker“ und Augenoptikermeister verließ.
Durch Glück und das Engagement des Berufsstandes entgingen die Augenoptiker der zweiten großen Verstaatlichungswelle in der DDR im Jahre 1972 und konnten so zum größten Teil weiter als Privatbetriebe fortbestehen bleiben. Sie waren allerdings abhängig von der Belieferung des einzigen augenoptischen Industriebetriebes in Rathenow. Um seine Kunden mit Brillenfassungen, die über den damaligen „Kassenstandard“ hinausgingen, versorgen zu können, fuhr Gerhard Kuhl oft selbst mit dem Auto nach Rathenow. In seiner Tasche befand sich dann Kaffee aus dem „Delikat“-Laden, der die für die Verteilung der Fassungen zuständigen Damen gnädig stimmen sollte. Die Wartezeit von 2-3 Monaten auf Brillengläser konnte damit allerdings nicht verkürzt werden.
Die Kunden aus Velten und der näheren und weiteren Umgebung honorierten das alles durch großen Zuspruch. Gerhard Kuhl hatte vor allem auch einen guten Ruf durch seine exakte Brillenglasbestimmung und sein enormes Hintergrundwissen. Er konnte zuhören und nahm sich viel Zeit für seine Kunden.
Deshalb bedeutete auch die politische Wende und der Einzug der freien Marktwirtschaft im Jahr 1990 für ihn keine Schwierigkeit. Im Gegenteil genoss er die Möglichkeiten, aus dem Vollen schöpfen zu können und schaffte neue Maschinen und Geräte an. Als einer der ersten führte Gerhard Kuhl Computer im Geschäft ein. Dass er in Velten sehr anerkannt war, zeigte sich bei den ersten freien Wahlen in der Stadt. Mit Abstand erhielt er die meisten Stimmen aller Bewerber bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung.
Im Jahr 2001, seine Krebserkrankung war bereits diagnostiziert, übergab er das Geschäft an seinen Sohn Ansgar Kuhl. So konnte er noch einige Jahre seinen Ruhestand genießen und seinen Hobbies Reisen, Numismatik, Sprachen, Philosophie, Radfahren und Paddeln nachgehen.
Nach einem schweren letzten Jahr verstarb Gerhard Kuhl am Sonntag im Kreis seiner Familie.